Selbstliebe und Massage

Selbstliebe nennt man es seit der „Kunst des Liebens“ von Erich Fromm, wenn jemand voll und ganz mit sich selbst auf du und du ist. Vorzüge und Schwächen werden klar gesehen und beides wird mit ganzem Herzen anerkannt.

Das ist völlig anders als die Selbstverliebtheit (Narzissmus), denn die eignet jenen, die ihre Schwächen nach Außen hin und vor sich selbst nach Kräften zu vertuschen suchen und sich lediglich im schönsten Licht präsentieren. Dies in beständiger Angst, der Betrug oder Selbstbetrug könne auffliegen und nicht weiter zu halten sein.

Selbstliebe ist schön und genussvoll. Es ist ein erhabenes Gefühl, die Umwelt und die Mitmenschen durch die reine Anwesenheit und durch sein Wirken zu bereichern. Das Gegenteil wäre es, sich nutzlos und unerwünscht, ja geradezu ausgeschlossen und alleine zu fühlen.

„Die Menschen der tiefer Traurigkeit verraten sich, wenn sie glücklich sind. Sie haben eine Art das Glück zu fassen, wie als ob sie es erdrücken und ersticken mnöchten, aus Eifersucht, – ach, sie wissen zu gut, daß es ihnen davon läuft!“ (Nietzsche, Jenseits von Gut und Böse, Kap. 279)

Was tut Massage? Rein physikalisch gesehen ist Massage Druck mit wechselnder Intensität auf die Oberfläche eines Menschen. Das ist aber natürlich bei Weitem nicht alles, denn es ist ein großer Unterschied, ob sie von einem ausgebildeten, trainierten und einfühlenden Menschen ausgeführt wird, oder schlimmstenfalls von einer Maschine. Der meiner Meinung nach wichtigste Unterschied ist die Wechselwirkung. Der Massagepraktiker spürt nicht nur das Gewebe, sondern er spürt auch in jedem Moment, was die Massage bewirkt – wie es die Stimmung der empfangenden Person beeinflusst. Dieses Spüren wirkt auf die Art der Behandlung zurück und somit ist es ein Akt der Kommunikation. Ein beredtes Miteinander ohne Worte.

Die empfangende Person ist dabei im Zentrum des Geschehens. Nichts ist wichtiger als sie. Sie ist unverzichtbar. Es ist kein Austausch von Worten, also Äußerungen des Geistes. Die Kommunikation findet allein auf körperlich – seelischer Ebene statt und damit ist sie die ursprünglichste Kommunikationsform, die es gibt. Sie knüpft so an frühe und früheste Kindheitserfahrungen an, wie sie aus der frühen nachgeburtlichen Phase, wenn nicht gar schon davor, erlebt wurden.

Da der reflektierende Geist auf diese Weise umgangen wird, braucht er sich nicht einzumischen. Entspannung heißt auf seelischer Ebene soviel wie ‚den Geist und damit die Reflexion und die Zweifel außen vor zu lassen‘. In dem Maße, wie sich diese Entspannung ereignet, kann nun möglicherweise sogar etwas nachgeholt werden, woran es in der frühen Lebensphase gemangelt hat. Es ist somit eine Chance, ganz zu werden. Eine Chance, zu erleben, was es heißt sich als integraler Teil der Welt zu erleben.

Diese Erfahrung darf mitgenommen und bewahrt werden. Im idealen Fall ist es sogar so, dass sie ansteckend und befruchtend ist. Das folgt getreu dem Motto: Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus. Wenn ich mit einem frohen Gesicht in die Welt blicke, dann sehen mich auch lauter freundlich gesinnte Gesichter an. Der Tag kann ein schöner Tag werden, die Woche eine schöne, das Jahr …

Veröffentlicht unter Shiatsu-Blog