Kreisverkehr – oder: Im Führen führen lassen!

Was nur hat Kreisverkehr mit Shiatsu zu tun? – Mal sehen! Zurück vom unfreiwilligen Mallorcaaufenthalt mit 3000 km zusätzlicher  Autofahr-Erfahrung auf der Insel und dabei 600 Kreisverkehrdurchfahrten, habe ich einige Eindrücke mitgebracht. Anfängliche Unsicherheiten haben sich dabei immer mehr in eine große Freude über den mallorcinischen Fahrstil gewandelt, so dass ich inzwischen völlig sicher bin, dass es dort sehr viel zu lernen gibt.

1. Die große Dichte von Kreisverkehren leitet die Verkehrsteilnehmer zu umsichtigem und defensivem Fahren an. Was ist das Besondere am Kreisverkehr? Für eine autobahnähnliche Schnellstraße ist es dort durchaus üblich, dass (in Abständen von 5 bis 10 km) kreuzende Straßen über einen Kreisverkehr, und nicht etwa wie in Deutschland auf Bundesstraßen üblich, über Ampelkreuzungen eingebunden werden.

Fährt man eine lange Strecke auf der höherrangigen Straße, dann könnte man sich zunächst ärgern, dass die hohe erlaubte Geschwindigkeit immer wieder von solchen Hindernissen unterbrochen ist. Die Geschwindigkeit wird auf typischerweise 40 km/h reduziert, oder bei höherem Verkehrsaufkommen, kommt man am Kreisverkehr völlig zum Stehen. Weiterfahren ist möglich, wenn die Lücke im Kreisverkehr groß genug ist, dass man hineinfahren kann, ohne dabei allzusehr zu behindern.

Allzusehr, dieses Wort ist wichtig an der Stelle. Laut Verkehrsregeln darf man beim einfahren gar nicht behindern und nicht nur nicht allzusehr. Das aber gerade ist der große Unterschied, der darüber entscheidet, ob man es mit einem kollegialen Miteinander oder um ein konkurrentes Gegeneinander im Verkehr zu tun hat. Die – ich sage mal: deutsche Idee: „Ich bin jetzt hier im Kreisverkehr und habe hier Vorrang und ich darf hier von niemandem behindert werden“, ist der Grundstein für das Gegeneinander. Wäre es dagegen eine Selbstverständlichkeit, dass man wenigstens kleine Behinderungen zulässt, dann geht es in die Richtung von idealem Vorwärtskommen. Es ist nicht Reibungslos, aber es gibt auch keine gravierenden Konflikte.

Das schöne am Kreisverkehr ist die lokale Aufhebung von Privilegien. Am Kreisverkehr ist es völlig belanglos, ob man von der Schnellstraße aus einfährt oder von der Nebenstraße. Es ist sogar möglich, gleichzeitig einzufahren, denn dabei gibt es – vorausgesetzt bei gleicher Geschwindigkeit – keinerlei Behinderung.

Und hier komme ich auch schon einer der Grundideen des Shiatsu recht nahe, denn hier heißt es: im Führen führen lassen. Es ist zwar der Shiatsupraktiker, der bestimmt, was in der Behandlung geschieht, aber er ist dabei äußerst sensitiv und spürt, was die behandelte Person gerade braucht. So lässt er sich im Führen bereitwillig führen. Auf diese Weise kommt es zu einem Miteinander, zur Kooperation, aus der alle Beteiligten eine Bereicherung erfahren.

 

 

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